
Gebietsabtretungen, ein Rückzug der ukrainischen Streitkräfte aus Teilen der Ostukraine, eine Verkleinerung der Armee und der Verzicht auf einen NATO-Beitritt, festgeschrieben in der Verfassung: Der erste 28-Punkte-Plan der USA geriet schnell als „russische Wunschliste“ und „Kapitulationsurkunde“ für die Ukraine in die Kritik. Zumal weder die Ukraine noch die EU an der Entwicklung des Plans beteiligt wurden. Kiew verhandelte daraufhin mit den USA nach. Nun stehen wieder Gespräche zwischen Russland und den USA an. Die Europäer sind nicht direkt beteiligt.
Welches sind die kritischen Punkte bei den Verhandlungen zwischen der Ukraine und den USA gewesen?
Beide Seiten lobten die gemeinsamen Verhandlungen als produktiv. Doch auf einen finalen Friedensplan, der dann Putin vorgestellt werden könnte, konnten sich die Parteien nicht einigen. Einer der kritischen Punkte: die besetzen Gebiete. Die USA bestehen darauf, dass sich das ukrainische Militär aus Gebieten im Donbass zurückzieht, die es derzeit noch kontrolliert.
Strittig sind wohl auch die Sicherheitsgarantien für die Ukraine, der von Moskau geforderte Verzicht auf das Recht eines NATO-Beitritts und von Russland verlangte Beschränkungen der Truppenstärke des ukrainischen Militärs. Keine Einigkeit besteht außerdem – laut dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj – bei der Frage der Verwendung der russischen eingefrorenen Gelder für den Wiederaufbau.
Wie groß sind die Erfolgsaussichten der weiteren Verhandlungen?
Die meisten Experten glauben nicht, dass bald ein tragfähiger Friedensplan gefunden wird. Die Positionen der Ukraine und Russlands liegen dafür zu weit auseinander.
Die USA könnten zwar Druck auf die Ukraine machen, indem die sie die Weitergabe von Waffen und von Aufklärungsdaten für Angriffe im russischen Hinterland stoppen. Die Ukraine befindet sich zurzeit ohnehin schon in einer schwierigen Situation. An der Front zeigen sich die massiven Personalprobleme der ukrainischen Streitkräfte immer deutlicher. Russland rückt langsam, aber stetig an mehreren Frontabschnitten vor.
Doch selbst nach einem Stopp der US-Hilfe könnte die Ukraine mit Unterstützung aus Europa den Kampf weiter fortsetzen. Denkbar wäre, dass Kiew versucht, bis zum Herbst 2026 durchzuhalten, um dann bei einer Niederlage von Trumps Republikanern bei den Kongresswahlen mit Hilfe der Demokraten wieder neue Unterstützung aus den USA zu erhalten.
Russland kann den Krieg wohl – trotz wirtschaftlicher Probleme aufgrund der Sanktionen – noch jahrelang führen, ohne dass das Land kollabiert. Ein schnelles Ende der Kämpfe scheint also nicht absehbar. „Putin setzt darauf weiterzukämpfen, weil er zurzeit darin die beste Alternative sieht“, bilanziert Russland-Expertin Gesine Dornblüth.
Was steht im ursprünglichen 28-Punkte-Plan von US-Präsident Trump?
Gebietsabtretungen
Die Ukraine müsste auf die Krim und die Regionen Donezk und Luhansk verzichten und Teile der Regionen Cherson und Saporischschja abtreten. Einige dieser Gebiete kontrolliert Russland zurzeit nicht einmal, vor allem in der Region Donezk. Diese ist Teil des Donbass – die Eroberung des großen Steinkohle- und Industriegebiets gehört zu Russlands Kriegszielen.
Für die Ukraine ist diese Region aber ebenfalls sehr wichtig, weil es dort strategisch wichtige Städte und militärische Stützpunkte gibt. Diese Gebiete sowie die Krim würden von den USA als russisch anerkannt werden.
Verkleinerung der Armee
Die ukrainische Armee müsste von derzeit etwa 900.000 auf 600.000 Soldatinnen und Soldaten verkleinert werden. Die Reduzierung ihrer Truppen ist aus Sicht des ukrainischen Politologen Maksym Jakowljew „unlogisch“, weil ein Land, das keine Atomwaffen habe, eine wirklich starke Armee brauche, um sich verteidigen zu können, sagte er im Deutschlandfunk.
Die Ukraine soll auch keine weitreichenden Waffen haben, die für Russland gefährlich sein könnten. Welche Waffen das sind, wird in dem Plan nicht ausbuchstabiert. Möglicherweise sind Mittelstreckenwaffen und Drohnen gemeint, mit denen das Land die russischen Erdölraffinerien erfolgreich angreift.
NATO und EU
Die Ukraine müsste auf einen Beitritt zur NATO verzichten. Die NATO wiederum dürfte keine Truppen in der Ukraine zu stationieren und keine weiteren Mitglieder aufnehmen. Dabei war die Stationierung europäischer NATO-Soldaten in der Ukraine ein fest vorgesehener Teil einer künftigen möglichen Absicherung eines Waffenstillstands. Ein EU-Beitritt der Ukraine ist aber offenbar weiterhin vorgesehen.
Außerdem ist die Rede von verlässlichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine durch die USA. Doch wie diese konkret aussehen sollen, bleibt offen. Gleichzeitig soll es keinerlei Beschränkungen der russischen Streitkräfte geben. Moskau solle lediglich versprechen, auf weitere Angriffe auf Nachbarstaaten zu verzichten.
Allerdings muss Russland laut dem Entwurf auf einen weiteren Vormarsch verzichten und sich aus einigen der besetzten Gebiete zurückziehen. Die Ukraine dürfte zudem die Hälfte des derzeit von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja unter Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wieder nutzen.
Nutzung russischer Vermögenswerte
Eingefrorenes russisches Staatsvermögen in Höhe von 100 Milliarden Dollar soll für den Wiederaufbau der Ukraine eingesetzt werden. Die USA sollen Profite aus dem Wiederaufbauprogramm für sich behalten dürfen. Russland würde zudem wieder ins Weltwirtschaftssystem integriert und könnte in die G8 zurückkehren. Die Sanktionen würden später enden.
tha, lkn















